Süß­stof­fe, Light-Pro­duk­te

Ursa­chen von Über­ge­wicht (Fol­ge 8 von 14)

Zahl­rei­che che­mi­sche Wirk­stof­fe wer­den in der Tier­mast ein­ge­setzt, damit die Tie­re schnel­ler wach­sen, rascher fett wer­den und frü­her geschlach­tet wer­den kön­nen. Hier­zu gehö­ren Anti­bio­ti­ka (sie­he Fol­ge 6 „Bak­te­ri­en im Darm“) und Süß­stof­fe. Süß­stof­fe sind eine unein­heit­li­che Grup­pe von Che­mi­ka­li­en, die inten­siv die Geschmacks-Emp­fin­dung „süß“ aus­lö­sen, aber zucker- und damit kalo­rien­frei sind. Etli­che die­ser Che­mi­ka­li­en ste­hen unter dem Ver­dacht Krank­hei­ten aus­zu­lö­sen oder zu ver­ur­sa­chen, zum Bei­spiel Krebs. Bis­her vor­ge­leg­te Stu­di­en rei­chen den staat­li­chen Ver­brau­cher­schutz-Beam­ten nicht aus, um Süß­stof­fe zu ver­bie­ten.

Garten

Klar ist schon seit den 80er Jah­ren des ver­gan­ge­nen Jahr­hun­derts aller­dings, dass Süß­stof­fe nicht nur Mast­schwei­ne und ande­re „Nutz­tie­re“ schnel­ler dick wer­den las­sen, son­dern auch Men­schen (zum Bei­spiel in einer Stu­die mit knapp 80.000 mit­tel­al­ten US-Frau­en). Lan­ge wur­de ver­mu­tet, dass Süß­stof­fe erheb­lich den Appe­tit stei­gern und auf die­se Wei­se dick machen. Der genaue Mecha­nis­mus ist aber bis heu­te nicht ganz geklärt. Sicher ist nur: Süß­stof­fe sind völ­lig untaug­lich, um abzu­neh­men oder Über­ge­wicht vor­zu­beu­gen. Und dies ist kein Effekt, der mit einem spe­zi­fi­schen Süß­stoff zusam­men­hängt, zum Bei­spiel Cycla­mat oder Sac­cha­rin, son­dern die Grup­pe der Süß­stof­fe als gan­zes betrifft. Damit schei­den für gewichts-inter­es­sier­te Mit­men­schen auch neue­re Zucker­aus­tausch­stof­fe, zum Bei­spiel Stevia (E960), als Zucker­er­satz aus.

Eng im Zusam­men­hang mit den Süß­stof­fen ste­hen die Light-Pro­duk­te der Lebens­mit­tel­in­dus­trie. Ihr Ansatz ist es, „brenn­wert­ver­min­der­te Pro­duk­te“ auf den Markt zu brin­gen, die beim Abneh­men hel­fen sol­len. Vie­le der Pro­duk­te, so kri­ti­sie­ren Ver­brau­cher­schüt­zer, sind aber über­haupt nicht „light“. Zwar ist viel­leicht mal weni­ger Fett drin­nen, dafür wer­den ande­re Inhalts­stof­fe drauf­ge­sat­telt. Viel schlim­mer aber: Ver­brau­cher von Light-Pro­duk­ten nei­gen dazu, von die­sen Pro­duk­ten oder Geträn­ken mehr zu kon­su­mie­ren als von nor­ma­len Lebens­mit­teln. Viel­leicht, weil der Auf­druck „light“ dazu ver­führt, mehr zu essen, als dem Kör­per gut­tut? Oder wegen der inten­si­ven Ver­wen­dung von Süß­stof­fen (sie­he oben) oder fal­scher Kalo­rien-Anga­ben? Auch bei den Light-Pro­duk­ten ist nicht ganz klar, war­um sie nicht wirk­lich beim Abneh­men hel­fen. Und auch von kei­nem ernst zu neh­men­den Ernäh­rungs­wis­sen­schaft­ler oder Ernäh­rungs­be­ra­ter für die­se Zweck emp­foh­len wer­den.

Süßstoff Stevia in Tablettenform
Süß­stoff Stevia in Tablet­ten­form

„Weni­ger Fett, kaum Zucker – Light-Pro­­duk­­te machen Hoff­nung, dass sich mit ihnen ganz ein­fach Kalo­rien spa­ren las­sen. Doch das trifft oft nicht zu. Gera­de „leich­te“ Genuss­mit­tel wie Chips, Kek­se oder Eis strot­zen mit­un­ter vor Kalo­rien – ähn­lich wie ihr her­kömm­li­ches Pen­dant. Grund: Bei Light-Pro­­duk­­ten muss nur eine Zutat um min­des­tens 30 Pro­zent gemin­dert sein. Ist weni­ger Fett drin, darf der Anteil an Zucker also stei­gen“ [Stif­tung Waren­test 2013].

Berge

Viel schlim­mer ist aber, dass das Mul­ti­mil­li­ar­den-Geschäft mit der Ein­füh­rung der Süß­stof­fe und Light-Pro­duk­te zeit­lich gut mit der Ent­ste­hung und Aus­brei­tung der Über­ge­wichts-Epi­de­mie in den Indus­trie­län­dern ein­her­geht. Bestä­tigt sich die­se Annah­me, wäre es eine Kata­stro­phe: Eine Grup­pe von Indus­trie­pro­duk­ten wür­de dann näm­lich genau das her­vor­ru­fen, was eigent­lich bekämpft wer­den soll – das Über­ge­wicht.

Autor
• Rai­ner H. Buben­zer, Gesund­heits­be­ra­ter, Ber­lin, 16. Sep­tem­ber 2014.
Bild­nach­wei­se
• Corel Cor­po­ra­ti­on, 1999.
• Corel Cor­po­ra­ti­on, 1999.
• T. R. Schwarz, Lizenz: CC BY-SA 3.0.
• Corel Cor­po­ra­ti­on, 1999.
Quel­len
• Wirth A, Hau­ner H (Hrsg.): Adi­po­si­tas – Ätio­lo­gie, Fol­ge­krank­hei­ten, Dia­gno­se, The­ra­pie (4. Aufl.). Sprin­ger Medi­­zin-Ver­­lag, Hei­del­berg, 2013.
• Stell­man SD, Gar­fin­kel L: Arti­fi­ci­al sweete­ner use and one-year weight chan­ge among women. Prev Med. 1986 Mar;15(2):195–202.
• Yang Q: Gain weight by „going diet?“ Arti­fi­ci­al sweeten­ers and the neu­ro­bio­lo­gy of sugar cra­vings: Neu­ro­sci­ence 2010. Yale J Biol Med. 2010 Jun;83(2):101–8.
• Geyskens K, Pan­de­lae­re M, Dewit­te S, War­lop L: The Back­door to Over­con­sump­ti­on: The Effect of Asso­cia­ting „Low-Fat“ Food with Health Refe­ren­ces. Jour­nal of Public Poli­cy & Mar­ke­ting. 2007;26(1):118–25.
• Poll­mer U, War­muth S: Lexi­kon der popu­lä­ren Ernäh­rungs­irr­tü­mer. Eich­born Ver­lag, Frank­furt am Main, 2000.
• NN (Stif­tung Waren­test): Light-Pro­­duk­­te: Kaum Kalo­rien gespart. test. 2011;5:27.30.
• Schle­gel W: Knall­hart nach­ge­fragt – Die popu­lärs­ten Mythen und Irr­tü­mer. Ama­zon, 2013.