(nach Dr. Ben J. Devine)
Frau
Mann
Ideal-Gewicht
Der US-Arzt Dr. Ben J. Devine hat in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts versucht, die Arzneimittel-Behandlung zu verbessern. Hierfür hat er eine einfache Bestimmung des Körpergewichts vorgeschlagen, die das „wünschenswerte“ oder „Normal“-Gewicht eines Menschen ohne die überschüssigen Fett-Kilos zeigt. Dafür ist nur das Geschlecht und die Körperlänge eines Menschen notwendig.
Die Rechenvorschrift von Devine ist in den USA wohl deshalb so beliebt, weil sie ein nettes Wortspiel enthält: Die „Devine Formula“ wie sie im Englischen heißt, kann mit „Göttliche Formel“ übersetzt werden. Warum sie in Deutschland fast unbekannt ist, liegt an einem wissenschaftlichen Missstand: Unsere Übergewichts-„Experten“ benutzen entweder den nutzlosen, aus dem vorletzten Jahrhundert stammenden Broca-Index. Oder den ebenfalls falschen Body Mass Index (BMI), der mal von der Versicherungswirtschaft zur Optimierung ihrer Gewinne etabliert wurde.
Auch die göttliche Formel hat ihre Tücken. Sie funktioniert nur bei Menschen
- über einer Körpergröße von etwa 155 cm
- mit normalem Körperbau
- von europäischer Herkunft („Kaukasier“, wie es in den USA meist heißt)
- bei Erwachsenen (allerdings im Sinne von körperlich „ausgewachsen“, was oft erst weit über dem 20. Lebensjahr so weit ist)
Und: Die Devine-Formel gibt nur eine Orientierung über ein vielleicht wünschenswertes Körpergewicht ohne zu viel Pfunde. Das bei vielen Menschen der Kilogramm-Wert, der sich bei der Berechnung ergibt, nicht nur medizinisch wünschenswert (ideal) ist, sondern vom Aussehen her „ideal“ wäre, ist bei vielen gesunden Übergewichtigen zu bestätigen. Weniger-kg.de empfiehlt die Devine-Formel nur in diesem Sinne. Der berechnete Wert ist also nur eine Orientierung für ein mögliches Wunschgewicht (die die meisten Fettleibigen ohnehin haben).
Für die Einschätzung von Krankheitsgefahren oder Sterberisiko durch Übergewicht liefern die besten Alltags-Hinweise der Bauch-Umfang in Zentimetern und/oder das Verhältnis von Taille zu Hüftumfang („waist to hip ratio“, WHR).
Autor
• Rainer H. Bubenzer, Berlin/Eichstädt
Bildnachweis
• Tamara Bellis (unsplash.com, uN1m9Ca0aqo).
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Übergewicht und Adipositas werden durch anthropometrische Maße quantifiziert. Der gängigste Index zur Quantifizierung der Adipositas ist der Body-Mass-Index (BMI). Dieser Index setzt sich zusammen aus dem Körpergewicht in Kilogramm (kg) dividiert durch das Quadrat der Körpergrösse in Metern (m). Der BMI wird verwendet, um Normal‑, Über- und Untergewicht sowie unterschiedliche Grade der Adipositas zu definieren (WHO, 1995). Laut der WHO wird ab einem BMI von 25 kg/m2 und höher von Übergewicht gesprochen, während ab einem BMI über 30 kg/m2 eine Adipositas vorliegt.
Mittlerweile ist der BMI sowie das Körpergewicht allein durch diverse weitere anthropometrische Maße ergänzt worden, welche zusätzlich Informationen über das Fettverteilungsmuster geben. Ein wichtiges Maß stellt dabei der Taillenumfang dar. Die Messung des Taillenumfangs scheint im Vergleich zum BMI eine bessere Prädiktion von metabolischen Risikofaktoren zu erlauben (Siren et al., 2012; Janssen et al., 2004). So zeigte der Taillenumfang in vielen Studien eine engere Assoziation mit metabolischen Störungen und kardiovaskulären Risikofaktoren als der BMI (Jacobs et al., 2010; Leitzmann et al., 2011; Guallar et al., 2009; Bajaj et al., 2009; Kanaya et al., 2003; Bigaard et al., 2003; Chan et al., 2003). Auch konnte nachgewiesen werden, dass der Taillenumfang, zusätzlich bzw. unabhängig vom BMI, ein relevanter Prädiktor für das individuelle Krankheitsrisiko darstellt (Leitzmann et al., 2011).
Um noch eine genauere Prädiktion von Gesundheitsrisiken zu erlauben, wurden weitere, auf dem Taillenumfang-basierende anthropometrische Indizes entwickelt. Hierzu zählen der Taille:Hüft Quotient (waist-to-hip ratio, WHR), welcher eine genauere Quantifizierung des Fettverteilungsmuster erlaubt sowie Indizes, welche den Taillen auf verschiedene mathematische Weise in Beziehung zur Körpergröße setzen. Beispiele hierfür sind folgende Indizes: Taille:Größe-Quotient (W/Ht), Taille:Größe2-Quotient (W/Ht2), der Taille:Größe3-Quotient (W/Ht3) und Größe3:Taille3 Quotient (Ht3/W3). Diese Indizes ermöglichen oftmals ebenfalls eine bessere Prädiktion von metabolischen und kardiovaskulären Erkrankungen als der BMI (Bennasar-Veny et al., 2013; Dallongeville et al. 2012; Ashwell et al., 2012; Coutinho et al. 2011; Browning et al., 2010; Zeller et al. 2008; Ho et al., 2003; Hsie et al., 2003; Bosy-Westphal et al., 2006).
In Bezug dieser Taillen-basierten Indizes besteht bei adipösen Personen jedoch oft das Problem, dass es schwierig ist, den Taillenumfang mit einer hohen Genauigkeit zu messen. Die hierzu erforderlichen anatomischen Orientierungspunkte, unterer Rippenbogen und Oberkante des Beckenknochens (WHO 2008, NHANES 1998), sind bei ausgeprägt adipösen Personen oft schwer sicher zu identifizieren.
Um die abdominale Adipositas beziehungsweise das biologisch hoch relevante viszerale Fett genauer quantifizieren, können Technologie wie die Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) eingesetzt werden (Naboush et al., 2013; Fuller et al., 1992; Biaggi et al., 1999). Diese Verfahren sind jedoch teilweise strahlenintensiv (CT), kostspielig und nicht im klinischen Alltag verfügbar. Zudem bestehen auch hier einige technische Limitationen im Hinblick auf die Untersuchung von schwer adipösen Personen, wie beispielweise Gewichtslimitationen des Untersuchungstisches oder der Durchmesser der Öffnungen der Untersuchungsgeräte.
Vor dem Hintergrund dieser technischen Limitationen stellt sich die Frage, ob die Abschätzung der abdominalen Adipositas bei ausgeprägt adipösen Menschen mittels Messung des abdominalen Sagittal Diameter (SD) eine kostengünstigere (im Vergleich zu CT und MRT) sowie genauere Methode (im Vergleich durch Taillenumfangmessung) darstellen könnte.
Einige Studien haben bereits gezeigt, dass der abdominale SD eine bessere Prädiktion von metabolischen Risikofaktoren bietet als der Taillenumfang, der BMI oder der WHR (Radholm et al. 2017; Vasques et al. 2015; Kahn et al., 2014; Pajunen et al. 2013; Pimentel et al., 2010; Risérus et al., 2004; Öhrvall et al., 2000; Petersson et al., 2007; Frenhani et al., 2008, de Souza et al., 2013).
Bezogen auf sehr ausgeprägt adipöse Patienten (BMI > 35kg/m2) existieren bislang kaum systematischen Untersuchungen darüber, inwieweit die verschiedenen anthropometrischen Indizes wie WHR, W/Ht, W/Ht2, W/Ht3, Ht3/W3 und SD mit metabolischen Risikomarkern assoziiert sind.
Viszerales Fett
Wie bereits angedeutet, spielt, abgesehen vom Gesamtgrad der Adipositas, die Körperfettverteilung für das metabolische und kardiovaskuläre Gesundheitsrisiko eine bedeutende Rolle. Insbesondere die abdominale Adipositas mit viszeralen Fettdepots innerhalb der Bauchhöhle sowie um die Organe herum ist stark mit negativen Stoffwechselmerkmalen assoziiert (Kramer et al., 2011, Yusuf et al., 2004, Rodriguez et al., 2013). Das viszerale Fettgewebe übt einen starken Einfluss auf den Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel aus, indem es verschiedene pro-inflammatorische Zytokine wie beispielsweise Interleukin‑6 bildet (Carr et al. 2004) und eine große Anzahl an Adipokinen ausschüttet.
Die viszerale Adipositas gilt daher als Haupttreiber der Entwicklung des Metabolischen Syndroms sowie des Typ 2 Diabetes mellitus (Kuk et al, 2006).