Übergewicht, Erwachsenen-Zuckerkrankheit und niedrig-schwellige Entzündungen werden zu weltweiten Epidemien. In dieser Hinsicht bietet die Literatur ein neuartiges Konzept, das wir „MicrObesity“ (Mikroben und Übergewicht, englisch „obesity“) nennen und das sich der Entschlüsselung der spezifischen Rolle der Dysbiose und ihrer Auswirkungen auf den Stoffwechsel des Wirts und die Energiespeicherung widmet.
In der vorliegenden Übersicht diskutieren wir neue Erkenntnisse, die teilweise erklären können, wie die mikrobielle Gemeinschaft an der Entwicklung der Fettmassen-Aufbaus, der Insulinresistenz und der niedriggradigen Entzündung beteiligt ist, die für Übergewicht und Fettleibigkeit charakteristisch sind.
Dysbiose durch gestörte Darmflora von zentraler Bedeutung
In den letzten Jahren wurden zahlreiche Mechanismen vorgeschlagen und mehrere relevante Eiweiße identifiziert. Unter den Hauptakteuren, die an der Kontrolle des Fettmassen-Aufbaus beteiligt sind, wurden der durch Fasten induzierte Adipositasfaktor, die AMP-aktivierte Proteinkinase, der G‑Protein-gekoppelte Rezeptor 41 und der G‑Protein-gekoppelte Rezeptor 43 mit der Darmflora in Verbindung gebracht. Darüber hinaus hat die Entdeckung, dass eine niedrigschwellige Entzündung durch metabolische Endotoxinämie (erhöhte Plasma-Lipopolysaccharidspiegel) direkt mit dem Darmmikrobiom verbunden sein könnte, zur Identifizierung neuer Mechanismen geführt, die an der Kontrolle der Darmbarriere beteiligt sind. Unter diesen wurden die Auswirkungen von Glucagon-ähnlichem Peptid‑2, dem Endocannabinoidsystem und spezifischen Bakterien (z. B. Bifidobacterium spp.) untersucht. Darüber hinaus scheint das Aufkommen probiotischer und präbiotischer Behandlungen ein vielversprechender „pharmako-nutritiver“ Ansatz zur Umkehrung der Stoffwechselveränderungen des Wirts zu sein, die mit der bei Übergewicht und Adipositas beobachteten Störungen der Darmflora (Dysbiose) verbunden sind.
Obwohl neuartige leistungsfähige molekularbiologische Ansätze einen guten Einblick in diese „kleine Welt im Inneren“ bieten, sind weitere Studien erforderlich, um herauszufinden, wie spezifische Veränderungen in der Darmmikroben-Gemeinschaft die Entwicklung von Adipositas und verwandten Störungen beeinflussen oder ihnen entgegenwirken können. (Kurzfassung)
Autoren
• Patrice D Cani1, Nathalie M Delzenne.
1Université Catholique de Louvain, Louvain Drug Research Institute, Metabolism and Nutrition Research Group, Brussels, Belgium. patrice.cani@uclouvain.be
Quelle
• Cani PD, Delzenne NM: The gut microbiome as therapeutic target. Pharmacol Ther. 2011 May;130(2):202–12 (Kurzfassungen: DOI | PMID).
Bildnachweis
• AllGo – An App For Plus Size People (unsplash.com, SgPjfQvVIpA).
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