Neueste Forschungen aus London zeigen: Ballaststoffe verhindern Übergewicht und helfen beim Abnehmen. Ernährung hat also, so bestätigen diese Ergebnisse, wesentliche Effekte auf die – durch Darmbakterien („Darmflora“, „enterales Mikrobiom“) und Dickdarmzellen vermittelte – Freisetzung von hormonellen Steuersignalen, die den Appetit unterdrücken.
Theorie Wie Ballaststoffe zum Abnehmen führen, ist jedoch komplexer, als bislang angenommen, so berichten Gary Frost vom Imperial College in London und seine Kollegen [1,2]:
- Wenn der Ballaststoffanteil in der Ernährung deutlich ansteigt, stehen unseren Darmbakterien mehr energiehaltige Nährstoffe zu Verfügung (für Bakterien sind Ballaststoffe nämlich gut verdaulich).
- Mehr Energie bedeutet gesteigerte Vermehrung und erhöhte Stoffwechsel-Aktivität der Darmbakterien.
- Mehr bakterieller Stoffwechsel bedeuten mehr bakterielle Stoffwechsel(end)produkte („Metabolite“). Eines davon – die Abgase von Bakterien – bemerken wir häufig an vermehrten Darmwinden („Flatulenz“). Zum Beispiel nach dem Konsum größerer Mengen Müsli oder Rohkost. Die appetithemmenden Effekte sind besonders deutlich, wenn Affen mit energiearmer, aber ballaststoffreicher Pflanzenernährung mit Menschen mit energiereicher, aber relativ ballaststoffarmer Ernährung verglichen werden.
Forschungsresultate Nach bisherige Lehrmeinung sollen „freie kurzkettige Fettsäuren“, die beim bakteriellen Stoffwechsel entstehen, die eigentliche Ursache der Appetithemmung sein. Worauf findige Unternehmer gleich entsprechende Kapseln als Schlankheitsprodukte auf den Markt gebracht haben beziehungsweise. sich zur Gewichtsreduktion die derzeit gerne angepriesene Steinzeit-Ernährung („Paläo-Diät“) haben einfallen lassen. Frost und Kollegen konnten jedoch jetzt zeigen, dass es eine ganze Reihe anderer Metabolite sind, die die Freisetzung von appetitzügelnden Hormonen steigern. Das Wechselspiel der über 1.200 verschiedenen Bakterien-Spezies im Darm mit dem menschlichen Körper ist also weitaus komplexer als abgenommen.
Übergewichts-Epidemie Die Untersuchungen aus London erklären auch die epidemische Ausbreitung von Übergewicht in der Neuzeit: Noch bei unseren Vorfahren (bis vor wenigen Jahrhunderten) war die Nahrung fünf- bis zehnmal so ballaststoffhaltig wie unsere moderne, westliche Ernährung.
Darmflora hungert nach „richtigen“ Ballaststoffen
Gesunde Darmflora braucht Nährstoffe Gesundheitlich vorteilhafte Effekte von Ballaststoffen auf die Darmbakterien und damit auf unsere Gesundheit kommen erst dann zustande, so der schwedische Forscher Stig Bengmark, wenn erhebliche Mengen an Ballaststoffen aufgenommen werden. Erst diese Ballaststoff-Versorgung ist ein Garant dafür, so berichtet Bengmark weiter, dass unsere nützlichen Mitbewohner überhaupt ausreichend mit lebensnotwendigen Mikronährstoffen versorgt werden, also vor allem mit Vitaminen und Mineralien. Mit den extrem nährstoffkonzentrierten, hoch raffinierten und vom Dünndarm leicht aufnehmbaren Lebensmittelprodukten der Lebensmittelindustrie hungern wir hingegen unsere Darmbakterien quasi aus. Grund: Bis auf Ballaststoffe erreichen kaum noch Vitalstoffe den bakteriellen Lebensraum, also den Dickdarm [3].
Aktiv gesund Neben dem Intervall-Fasten als eine vitalisierende Entspannung für den Organismus kann also auch eine nachhaltige Umstellung der Ernährung in erheblichem Umfang die Gesundheit fördern bzw. bei der Überwindung von chronischen Erkrankungen helfen. Gesundheitspflege, wie sie auch zum Beispiel durch Kombinationen mit pflanzlichen Inulin-Ballaststoffen gefördert wird, gibt es also nur in Verbindung mit eigenen Aktivitäten (Ernährungsumstellung, Intervall-Fasten, körperliche Aktivität/Sport usw.). Erst dies hilft, so manche krankmachenden Einflüsse unserer modernen Zivilisation zu verringern.
Autor
• Rainer H. Bubenzer, Berlin, 26. Mai 2014.
Quellen
[1] Frost G, Sleeth ML, Sahuri-Arisoylu M, Lizarbe B, Cerdan S, Brody L, Anastasovska J, Ghourab S, Hankir M, Zhang S, Carling D, Swann JR, Gibson G, Viardot A, Morrison D, Louise Thomas E, Bell JD: The short-chain fatty acid acetate reduces appetite via a central homeostatic mechanism. Nat Commun. 2014 Apr 29;5:3611 (Kurzfassungen: DOI, PMID).
[2] Frost GS, Walton GE, Swann JR, Psichas A, Costabile A, Johnson LP, Sponheimer M, Gibson GR, Barraclough TG: Impacts of plant-based foods in ancestral hominin diets on the metabolism and function of gut microbiota in vitro. MBio. 2014 May 20;5(3). pii: e00853-14. (Kurzfassungen: DOI, PMID).
[3] Bengmark S: Gut microbiota, immune development and function. Pharmacol Res. 2013 Mar;69(1):87–113 (Kurzfassungen: DOI, PMID).
Bildnachweis
• Shelley Pauls (unsplash.com, Zaiuy5dKeCk).
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